Dort, wo heute die Eyhofsiedlung steht, gab es einst einen Bauernhof, vielleicht gar einen Gutshof, den Eyhof. Der gab der Siedlung, die eigentlich als „Stadtwaldsiedlung“ erbaut wurde, ihren heute gängigen Namen.
Nach dem ersten Weltkrieg gab es in vielen Städten großen Mangel an Wohnraum. Die Mieten waren hoch, der Standard der Wohnungen oft sehr schlecht.
Dem wollten verschiedene Strömungen in Architektur und Siedlungsbau etwas entgegensetzen, um bezahlbare Wohnungen mit einem guten und gesunden Standard zu bauen.
Genossenschaften spielten dabei eine große Rolle.
So ließ der gemeinnützige Bauverein Essen-Stadtwald von 1920 bis 1924 die Stadtwaldsiedlung errichten.

Die Siedlung ist von der städtebaulichen Konzeption und von der architektonischen Gestaltung her eine gute Repräsentantin ihrer Zeit. Zugunsten der Bezahlbarkeit der Wohnungen wurde auf Dekoration an den Gebäuden weitgehend verzichtet, die Häuser sind schlicht und funktional. Es wurden die Fenster einer aufgelassenen Kaserne wiederverwendet, um Kosten zu sparen. Der Idee des Gemeinschaftlichen wurde dahingegen viel Raum gegeben, es gibt in der Siedlung viel Platz für Begegnung auf Plätzen und in Gärten. Das Prinzip trägt bis heute zur Lebensqualität der Siedlung bei.
Und während die Siedlung die letzten 100 Jahre gut überstanden hat, ist der gemeinnützige Bauverein Essen-Stadtwald schon lange Geschichte, die große Mehrzahl der Häuser ist in Privateigentum übergegangen, die soziale Durchmischung in der Siedlung hat sich einhergehend mit der Veränderung der Eigentumsverhältnisse gravierend verändert. Einkommensschwache Familien leben dort heute mehrheitlich nicht mehr.
Die Siedlung ist eher ein begehrter Wohnort für besser situierte Menschen geworden.
Nur noch eine handvoll Häuser gehören einer Wohnbau-Genossenschaft.
Aber genau diese Häuser erregen nun die Gemüter, fast mutet das etwas ironisch an.
Die Wohnungsbaugenossenschaft hat in den Häusern Probleme baulicher Art. Dieselben Probleme haben dem Vernehmen nach viele Bewohner*innen und Hausbesitzer*innen in der Siedlung. Die Hanglage, die einerseits Teil des Charmes der Siedlung ist, führt auf der anderen Seite zu nassen Kellern, zu Schimmelproblemen.
Und während die privaten Hausbesitzer*innen für sich selbst entscheiden können, das Problem entweder zu ignorieren oder mit verschiednen Methoden zu bekämpfen, aber zumeist nicht zu lösen, kann eine Wohnungsbaugenossenschaft das nicht.
Es muss eine Lösung her. Und zwar eine, die tatsächlich das Problem löst. Durch die rechtliche Stellung als Vermieterin ist die Genossenschaft schlicht in einer anderen Position, als die privaten Einfamilienhausbesitzer*innen.
Und so nimmt das Drama seinen Lauf, die Wohnbau-Genossenschaft sieht keinen anderen Weg, als die Häuser abzureißen und neu zu bauen.
Eine Artikel in der WAZ berichtet über die Kritik an den Neubauplänen.
Die Häuser stehen nicht unter Denkmalschutz. Sie wurden im Laufe des letzten Jahrhunderts mehrfach umgebaut. Die ursprünglichen Fenster sind auch allesamt verschwunden, sie waren zwar günstig, aber nicht dauerhaft funktional für Wohngebäude.
Dagegen ist die städtebauliche Struktur noch immer vorhanden, nur etwas von Hecken und Bäumen überwachsen.
Diese Struktur zu erhalten, ist ein wichtiges gemeinsames Anliegen von Bürger*innen, Politiker*innen und auch der Verwaltung.
Allerdings gehen die Meinungen etwas darüber auseinander, wie genau das zu erreichen ist.
Während eine Bürger*inneninitative verlangt, dass der Wohnbaugenossenschaft ihr Recht, die Häuser abzureißen und neu zu erbauen, beschnitten wird, wird von Seiten der Verwaltung ein Weg gesucht, dieses Recht so zu sichern, dass die Neubauten sich in in Art und Maß der baulichen Nutzung und in der Gestaltung gut in die Siedlung einfügen.
Für eine Beschneidung des Eigentumsrechtes gibt es keine rechtliche Grundlage. Somit scheint der Wunsch der Bürger*inneninitiative wohl ein Wunsch zu bleiben.
Ähnlich, wie in der Diskussion um die Villa Ruhnau tauchte auch für die Eyhofsiedlung die Idee auf, eine Erhaltungssatzung könnte der Weg sein, wie der Wunsch der Bürger*inneninitative doch noch Wirklichkeit werden könnte.
Und tatsächlich scheint es so zu sein, dass die Eyhofsiedlung, anders als die Villa Ruhnau, tatsächlich geeignet wäre, Objekt einer solchen Satzung zu werden zu können.
Nur, auch in diesem Fall ist es dann wieder doch auch genau so, wie im Fall der Villa Ruhnau. Abriss und Neuerrichtung von einzelnen Gebäuden würden durch eine Erhaltungssatzung nicht verhindert werden können.
Und es ist auch tatsächlich gar nicht wirklich nötig, eine solche Satzung zu erlassen.
Die Siedlung ist nämlich städtebaulich so klug und schlüssig erdacht, dass eine räumliche Veränderung der Siedlung schon den sehr großflächigen und gleichzeitigen Neubau von vielen Häusern voraussetzen würde. Und selbst das wäre ohne einen Bebauungsplan, den es aber nicht gibt, praktisch unmöglich.
Die Siedlung erhält sich strukturell somit quasi selbst. Das hat nun schon 100 Jahre geklappt und es wird sicher auch die nächsten 100 Jahre so funktionieren.
Ich frage mich allerdings, was der berühmte Architekt der Siedlung Josef Rings darüber denken würde, wenn seine Häuser, die gedacht waren, einkommensschwächeren Bürger*innen ein gutes und gesundes Wohnumfeld zu geben, nun erhalten werden sollten, obwohl sie ihre Zeit überlebt haben?
Würde er nicht wollen, dass wir heute mit anderen Mitteln und neuem Wissen wieder Häuser erbauen, die gutes und gesundes Wohnen ermöglichen?
Ist es nicht sogar eine sehr gute Idee, hier barrierefreies Wohnen in geförderten Wohnungen zu ermöglichen?
Die Wohnungsbau-Genossenschaft scheint jedenfalls diesen Gedanken, der mehrfach von GRÜNER Seite in Gesprächen aufgebracht wurde, aufgreifen zu wollen.
Das wäre dann ein sehr guter Beitrag dazu, einer durchmischten Einwohner*innenstruktur in der Siedlung wieder dauerhaft eine Grundlage zu geben.