Gestern wurde ich bei einem kleinen Videodreh gefragt, nachhaltiges Bauen mit einem Satz zu erklären.
Das hat in meinem Kopf noch ein wenig nachgewirkt.
Der Satz lautet:
“Baut nur das neu, was wirklich unbedingt gebaut werden muss. Wenn gebaut werden muss, dann baut mit so vielen nachwachsenden, so vielen kompostierbaren Baustoffen wie möglich, mit energiesparend hergestellen Baustoffen, mit so vielen schon existierenden Bauteilen, wie möglich.”
Gleichzeitig beschäftigen mich die am Mittwoch gegen unser grünes Votum beschlossenen, zum Politikum gewordenen Stadionecken auch immer noch.
Ebenso, wie die Parteien, die den Beschluss, die Stadionecken zu bauen nun unterstützt haben, damit eine Message an die demnächst in Essen Wählenden senden wollen, so ist letztlich auch unsere Ablehnung eine Message an die Wählenden.
Für uns erfüllt der Bau von Stadionecken unter beiden Aspekten nicht die Anforderungen an nachhaltiges Bauen.
Das Stadion, so wie es jetzt an der Hafenstraße steht, funktioniert. Es ist ja auch noch ziemlich neu.
Es funktioniert für die Drittligaspiele des Hauptpächters Rot-Weiss-Essen mit seiner Männermannschaft.
Es funktioniert für die Bundesligaspiele der aktuell sportlich höchstklassigen Pächterin, der SGS-Frauenfussballmannschaft.
Selbst, wenn RWE in den kommenden Jahren den Aufsteig in die zweite Bundesliga schaffen sollte, genügt das Stadion allen Verbandsvorgaben dafür.
Und sollte (großer Konjunktiv) RWE tatsächlich, so etwa 80 Jahre nachdem sie einmal die deutsche Fussballmeisterschaft gewonnen haben, den Aufstieg in die erste Bundesliga schaffen, ist das Stadion dann sehr schnell erweitert, es ist alles vorgerüstet für den Fall der Fälle.
Die Frage, ob es wirklich nötig ist, die Stadionecken jetzt zu bauen, ist also 100% eindeutig mit “NEIN” zu beantworten. Es gibt aus der Nutzung des Stadions heraus für viele Jahre in der Zukunft keinen Grund, es zu erweitern.
Damit müsste die Diskussion eigentlich für alle verantwortungsvoll denkenden und agierenden Politiker:innen zu Ende sein.
Ist sie aber nicht.
Denn die Stadionecken dienen ja als politische Botschaft.
Weil man in Worten und mit den Taten der vergangenen fünf Jahre offenbar die Wählenden nicht hinreichend für sich gewonnen zu haben glaubt, versucht man es mit Geschenken.
Also CDU und SPD und ein paar von den Kleinparteien versuchen das.
Da wird davon geredet, dass RWE ohne Stadionecken den Aufstieg in die zweite Bundeslige nie schafft.
Gewagte These, möchte man sagen. Denn wenn die das mit Fussball spielen nicht schaffen, wie soll ein Bauwerk dann helfen? Aber ja, richtig, die Stadionecken sollen helfen, die Einnahmen für den Verein zu erhöhen, dann könnte er bessere Spieler kaufen und dann könnte es was werden mit der zweiten Liga.
Der Verein RWE braucht also gar keine Ecken am Stadion, er braucht Geld.
Ein guter Sponsor wäre folglich viel schneller und viel effektiver, als Stadionecken, wenn es wirklich um die zweite Bundesliga geht.
Ein weiterer guter Grund, “NEIN zum Bau der Stadionecken” sagen. Dauert alles viel zu lange und ist viel zu unsicher, um den Zweck der wirtschaftlichen Unterstützung des Vereins wirklich sinnvoll zu erfüllen.
Natürlich kann ein Oberbürgermeister und seine Mehrheitspartei nicht städisches Geld nehmen und einen Fussballverein sponsoren. Deswegen fällt diese Option, ein Geschenk zu machen, weg.
Statt dessen sollen städtische Gelder über den Umweg, ein vollkommen überflüssiges Bauwerk zu errichten, dafür eingesetzt werden, dem dem Lieblingsfussballverein Einnahmemöglichkeiten zu erschließen.
Ganz schön absurd, oder? Aber offenbar nicht absurd genug, denn so ist es ja beschlossen worden.
Zudem wird nun die Geschichte erzählt, dass das ja eine Investition für den Essner Norden sei.
Ist es das?
Nein, das ist es nicht.
Das Stadion und RWE sind nicht der Essner Norden. RWE hat im Essener Süden genauso Fans, wie im Norden.
Der Standort des Stadions im Stadtgebiet, die Erreichbarkeit mit allen möglichen Verkehrmitteln ist mehr als schlecht.
Die Menschen im Essener Norden werden zunächst mal vor allem unter dem Bau selbst leiden. Dannach werden sie darunter leiden, dass noch mehr Zuschauer:innen an den Spieltagen zwar den RWE vielleicht reicher machen, aber die Menschen, die kein Ticket haben, auf jeden Fall in ihrem Alltag behindern.
Das wurde im Rat auch von den Befürwortern der Stadionecken eingeräumt. Eigentlich ist die Stadt gar nicht vorbereitet, alle paar Wochen noch mehr Menschen ins Stadion zu bringen. Und das wird sie auch für viele Jahre in der Zukunft nicht sein.
Die Stadionecken machen also für viele Menschen das Leben eher schlechter, als dass sie es besser machen.
Absurd oder? Da werden städtische Gelder für ein überflüssiges Bauwerk ausgegeben, das niemand braucht und das für viele Menschen im Essner Norden schlecht ist.
Aber offenbar immer noch nicht absurd genug, denn der Bau wurde trotzdem beschlossen.
Wir haben uns gefragt, was würden die Menschen im Essener Norden wirklich brauchen?
Was könnte man mit fast 30 Millionen Euro städtischer Investitionen tun, statt Stadionecken damit zu bauen?
In den nördlichen Stadtteilen finden wir heute den Großteil der Wohnungen, die für diejenigen rund 30% der Haushalte in Essen bezahlbar sind, die auf preisgünstigen Wohnraum angewiesen sind.
Priesgünstig bedeutet in diesem Fall, dass das Mietniveau unterhalb des Nieveaus von gefördertem Wohnraum liegt.
Im Wesentlichen sind diese günstigen Wohnungen gut geeignet, drin zu wohnen, aber sie sind oft deswegen so günstig, weil weder in die Bausubstanz selbst noch in die Energieversorgung, also die Beheizung für den Winter genug investiert wurde. In diesen beiden Aspekten sind günstige Wohnungen oft nicht auf dem Stand, den wir brauchen, um die Klimaziele der Stadt erreichen zu können.
Wohnen ist eine der Archillesfersen der Klimaneutralität.
Wenn diese preislich günstigen Wohnungen saniert werden, so, wie das gestzlich vorgesehen und für die Erreichung der Klimaziele nötig ist, sind sie anschließend nicht mehr so günstig.
Das wird die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum für viele Menschen im Essner Norden verschlechtern.
Dagegen muss etwas unternommen werden.
Das ist bekannt in Verwaltung und Politik.
Mein Vorschlag, den ich sogar vor einigen Monaten im Rat vorgetragen habe, wäre darum, dem Allbau ein Projekt zu finanzieren, in dem Standards für Wohnungen erarbeitet werden, die preisgünstig, nachhaltig und lebenswert sind.
Woanders gibt es so etwas schon. Die Stadt Hamburg hat einen “Hamburger Standard” erarbeitet.
Nun hat Hamburg eine andere Bauordnung und eine andere Dynamik im Mietmarkt.
Wir brauchen darum einen “ESSENER STANDARD für bezahlbaren, gesunden und klimaneutralen Wohnraum”.
Den könnte man gut mit 30 Millionen Euro städtischer Investition finanzieren.
Und man könnte auch gleich die ersten Wohnungen in dem Standard bauen oder im Bestand sanieren.
Erfüllt dieses Projekt die Anforderungen an nachhaltiges Bauen?
Die Antwort ist “JA”, es ist wirklich nötig, den Wohnraum zu schaffen. Und “JA” es kann mit nachhaltigen Baustoffen gebaut werden.
Fazit:
SO geht nachhaltiges Bauen!

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