Noch 18 Monate…

…dann ist die gegenwärtige Ratsperiode zu Ende.

Und dann?

Dann möchte ich mich für weitere 60 Monate in die Arbeit stürzen!

Das ist mein Fazit aus 42 Monaten Ehrenamt in der Politik.

Ehrenamtlich Fachpolitik zu machen, ist ein Handwerk, das man erlernen muss.

Und nun, nach mehr als drei Jahren Lehre fühle ich mich halbwegs fit, mich im Dschungel aus Wissen und Unwissen, aus Ambitionen und Begehrlichkeiten, aus schnellen Herausforderungen und quälend langen Standardprozessen, aus Verwaltung und Gremienarbeit zu bewegen.

Ich habe gelernt, dass Wissen und Erfahrung Macht geben, auch wenn Wissen angeblich ja nicht mehr als Machtinstrument verwendet werden soll.

Ich habe auch gelernt, dass Netzwerke noch wichtiger sind, als ich gedacht hatte, bevor ich mich auf die Politik eingelassen habe.

Dabei gibt es zwei Arten von Netzwerken.

Das Netzwerk innerhalb der Politik, vor allem in der eigenen Partei ist wichtig, um Zugang zum kollektiven Erfahrungsschatz der letzten Jahrzehnte zu haben. Das braucht man, um neue Projekte anstoßen zu können.

Ein Netzwerk in die Verwaltung hinein braucht man, um die Prozesse dort verstehen zu können, auch um Machtverhältnisse einschätzen zu können. Und um dort bekannt zu sein, im günstigsten Fall respektiert zu sein.

Die eigentliche Ratsarbeit ist die Arbeit mit der Verwaltung.

So eine Großstadt wie Essen, ist unglaublich komplex. Ein bisschen, wie ein Raumschiff, das zwar nur imaginär fliegt, das aber ständig am Rande der sicheren Flugbahn, immer in Gefahr, in Turbulenzen zu geraten.

Die sichere Flugbahn sollten dabei idealerweise die Prozesse sein, die tagtäglich ablaufen, damit die Organisation überhaupt funktioniert.

Das sind sehr viele Aufgaben und Tätigkeiten, die die Stadt als „Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung“ zu tun hat. Aufgaben, die Bund und Land per Gesetz auf die Kommune delegiert haben, weil sie am Besten vor Ort organisiert werden, weil sie Ansprechpersonen vor Ort für die Bürger:innen erfordern, weil Verwaltungsmenschen das örtliche Geschehen steuern müssen.

Eine Kommune, jedenfalls, wenn sie nicht finanziell am Abgrund steht, kann auch sogenannte „freiwillige Aufgaben“ wahrnehmen. Die sind das Sahnehäubchen der kommunalen Selbstverwaltung. Welche Aufgaben eine Kommune erfüllen kann hängt zum einen vom Geldbeutel ab, aber auch davon, wie gut organisiert sie ist.

Diese freiwilligen Aufgaben sind das, was die Kommunen unterschiedlich macht. Die eine Kommune setzt mehr auf Kultur, eine andere eher auf Sport.

Turbulenzen können von innen entstehen, wenn in der Verwaltung etwas nicht richtig funktioniert. Oder sie können von außen kommen, wenn zum Beispiel ein neuer Krieg Flüchtlingszahlen hochschnellen lässt oder wenn sich Aufgaben verändern.

Aus den drei Elementen, den Pflichtaufgaben, den freiwilligen Aufgaben und den Turbulenzen entsteht das Drehbuch für die Dauerserie „Kommunalpolitik“.

Wer nun allerdings eine Regie erwartet, die das alles steuert, wird enttäuscht. Die gibt es nicht. Die Dauerserie Kommunalpolitik ist nämlich experimentell angelegt. Das ist so eine Art Reallabor.

Die Protagonisten, also die Menschen in der Verwaltung und der Politik stehen war zusammen auf der Bühne oder vor der Kamera, um im Bild zu bleiben, aber sie entwickeln ihre Dialoge und die Dramaturgie live und in Echtzeit.

Eine wichtige Vorgabe ist dabei, dass es in der Serie zwar auch mal etwas Leidenschaft und Drama geben darf, aber im Wesentlichen soll es für Zuschauende sehr sehr langweilig sein. Das Raumschiff soll in seiner Flugbahn bleiben, die Turbulenzen sollen schnell überwunden werden.

Das klappt leider oft nicht so richtig, denn diese Liveperformance erfordert nicht nur Talent, sondern auch ganz viel Können.

Und darum ist Wissen und Erfahrung bei den Protagonisten der Kommunalpolitik so wichtig.

Das soll aber auf gar keinen Fall bedeuten, dass sich junge, unerfahrene Menschen, die grade erst den Wissensschatz ihres Lebens anlegen, nicht ins politische Getümmel stürzen sollten. Genauso, wie sie auch unbedingt erwägen sollten, sich in der Verwaltung zu engagieren, so sind sie auch in der Politik sehr wichtig. Denn alles Wissen und alle Erfahrung können nur mit der richtigen Perspektive auf die Aufgaben gut eingesetzt werden. Und dabei bringt jeder Mensch neben der ganz persönlichen Perspektive immer auch die Perspektive der eigenen Generation mit.

Wenn ich also Glück haben sollte, wieder gewählt werden sollte, weitere 60 Monate Politik machen dürfen sollte, dann bin ich sehr gespannt, auf das, was dann im Drehbuch steht.

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